Immer mehr Campingplätze investieren in Mietcamping, stellen eigene Mobilheime oder Zelte auf oder arbeiten mit Reiseveranstaltern zusammen. Dabei stellt sich die Frage, ob Mietcamping und klassisches Campen zusammenpassen? Und wie sieht es mit dem neuen Trend zum Microcamping aus? Birgt Microcamping Chancen oder Risiken für unsere Branche?
Dazu haben wir zwei Unternehmer befragt, die beide erfolgreich sind, aber ganz unterschiedliche Wege gehen. Lesen Sie hier das erste unserer Interviews – mit Loek van de Loo. Herr van de Loo betreibt mit seinem Unternehmen Vacanze col Cuore mehrere Campingplätze in Italien und Holland, die stark auf Mobilehomes setzen und exklusive Glamping-Unterkünfte entwickeln.
Mietcamping, Microcamping und zukünftige Trends – so sieht es “Mr. Glamping”, Loek van de Loo
ADAC-Camping: Kann Ihrer Erfahrung nach ein Campingplatz beides anbieten: klassisches Camping mit eigener Ausrüstung und Mietcamping?
Loek van de Loo: Grundsätzlich ja. Eine Mischung von Mietunterkünften und Caravans, Wohnmobilen oder Bungalowzelten der Gäste tut dem Ambiente vieler Campingplätze gut. In einigen italienischen Regionen, wie hier in der Lombardei, ist ein Anteil von normalen Stellplätzen zudem vorgeschrieben. Beide, Mietcamper sowie Camper mit eigener, oft kostspieliger Ausrüstung, mögen Campingplätze mit hochwertigen Freizeit- und Serviceeinrichtungen. Auf meinem Campingplatz Weekend am Gardasee werden Stellplätze mit eigenem Sanitär stark nachgefragt.
Andererseits gibt es auch Campingfans, die sich auf einem Campingplatz mit Mietunterkünften und viel Luxus nicht wohlfühlen. Sie ziehen „Basic Camping“ oder preisgünstige Campingplätze vor – manche wegen ihres Urlaubsbudgets, manche auch, weil sie im Urlaub vor allem das einfache Campingleben genießen möchten. Natürlich stört es einige Campinggäste auch, dass immer mehr Stellplätze durch Mietunterkünfte belegt werden.
Welche Zielgruppen sehen Sie für Mietunterkünfte auf Campingplätzen?
- Die Kernzielgruppe des Mietcampings bleiben Familien, deren Kinder sich im Ferienhaus oder Hotel langweilen, die sich mehr Freiheit, Ungezwungenheit und Natur wünschen. Dabei wollen sie sich aber keine eigene Campingausrüstung kaufen und möglichst wenig „Arbeit“ mit der Unterkunft haben. Und sie möchten nicht auf Komfort verzichten. Deshalb buchen sie Mietcamping.
- Post-Covid-Urlauber – nach der Pandemie ist die Sehnsucht nach viel Platz, Urlaub an der frischen Luft und Freiheit für die Kinder besonders groß. Es kommen noch mehr Familien, die bisher gar nichts mit Camping zu tun hatten, über Mietunterkünfte zu uns.
- Junge oder junggebliebene Paare, die Camping- und Festivalgefühl lieben, aber bitte mit ein bisschen Komfort, Retrostyle und viel Lebensgefühl. Diese Zielgruppe bucht in Italien zum Beispiel begeistert Mietwohnwagen im Vintage-Design.
Was halten Sie vom neuen Trend Microcamping, dem Kampieren auf privatem Grund mit sehr wenigen Stellplätzen – Chance oder Risiko für die Campingbranche?
Ich sehe Microcamping für unsere Branche positiv. Es macht das vielfältige Angebot, im Freien Urlaub zu genießen, komplett. Microcamping spricht Urlauber an, die besonders individuell kampieren möchten. Gäste, denen klassische Campingplätze vielleicht zu groß, zu organisiert oder zu luxuriös geworden sind. Oder Gäste, die die günstigen Preise vom Microcamping schätzen. In Italien haben die Agricampeggios, Bauernhöfe mit Campingplatz oder Microcamping, starken Zulauf. Es gibt hier viele Microcamper, die familiär und preisgünstig zelten, aber auch im regionalen Spitzenrestaurant essen gehen oder beim benachbarten Winzer edlen Wein kaufen möchten.
Welche Zukunftstrends sehen Sie auf Campingplätze zukommen, auf die sich Campingunternehmer einstellen sollten?
Meine 9 Trends für die Campingzukunft sind
- Post-Covid- und Post-Krisen-Chancen – immer mehr Urlauber wollen nach oder in schwierigen Zeiten Unbeschwertheit, Freiheit und Natur erleben.
- Klima- und ressourcenschonende, naturnahe Ferien werden stärker nachgefragt. Mit Energie- und Wasserspartechnik, wenig Plastik, viel Natur. Wer Camping mag, achtet darauf besonders!
- Regionales auf Campingplätzen, Produkte aus der Region, Hofführungen, noch engere Zusammenarbeit mit Bauernhöfen, Weingütern und anderen lokalen Produzenten.
- Kurz- und Zweiturlaub – Menschen möchten an einem Campingwochenende oder in 3-4 Tagen etwas Besonderes erleben.
- Erlebnis Unterkunft – viele Mobilheimtypen wurden zu einheitlich, fast „langweilig“. Neue Mietunterkünfte müssen sich weiter differenzieren, individuelle Erlebnisse, besonderes Design, Themen, zusätzliche Services und einen echten Wow-Effekt bieten.
- Mind & Body Care – Gäste wünschen sich Wellness, Fitness oder Yoga. Aber nicht als großen äußeren Luxus, sondern um Körper und Seele zu entspannen, um achtsam, „langsam“ und ganzheitlich zu leben.
- Klein, aber fein! Tiny Houses, Nature Houses, Beach Houses für die Ferien oder zum Leben. Nach Covid werden die Menschen bewusster, sind mit wenigen, wertgeschätzten Dingen zufrieden.
- Hotel-Glamping &Glamping-Hotel: Hotels stellen Safarizelte im Hotelpark auf;
Campingplätze bauen Hotels. Gäste wollen beides – Komfort, aber mit Campingambiente und Freiheit für die Kids. Zum Beispiel Großeltern mit Enkelkindern. In den Niederlanden sind einige neue Hotels auf Campingplätzen wirtschaftlich erfolgreicher als normale Hotels! - Premiumpreise sind möglich. Viele Urlauber wünschen sich hohe Qualität, Nachhaltigkeit und vor allem Emotionen und Erlebnisse. Wer das alles wirklich bietet, kann gute Preise erlösen und wirtschaftlich erfolgreich sein.
Herr van de Loo, vielen Dank für das Gespräch.